Morgenritual, Sonnenaufgang

Braucht man eigentlich ein Morgenritual?

Es hört sich unglaublich an. Das Wundermittel Morgenritual soll aus einer Nachteule eine Lerche machen. Ehrlich gesagt, sind mir Menschen, die beim ersten Weckerklingeln fröhlich aus dem Bett springen mehr als suspekt. Ich reize das Aufstehen immer bis zur letzten Minute aus. Dann irre ich wie ein blindes Huhn in der Wohnung herum, bin völlig planlos und bekomme nichts auf die Reihe. Vor 9 Uhr klar denken? Utopisch. So ging es mir lange Jahre bis ich die Sache mit diesem Morgenritual ausprobierte. Wäre doch schön, wenn mir damit wirklich das frühere Aufstehen gelingen würde, um dann ruhig und entspannt in den Tag zu starten?

Gibt es das eine einzige perfekte Morgenritual?

Du solltest unbedingt X, Y und . . ., nein, das ist Quatsch. Das! Morgenritual gibt es einfach nicht, denn jeder Mensch ist anders gestrickt. Wobei du zur Hochform aufläufst, zaubert mir höchstens ein müdes Lächeln um die Mundwinkel. Joggen zum Beispiel, finde ich ganz schrecklich und dann noch am frühen Morgen, absolut grauenvoll. Doch es gibt durchaus einige Fixpunkte, welche Menschen bei ihrer morgendlichen Routine wichtig sind.

Bewegung
Ja, es darf joggen sein, ebenso spazieren gehen mit und ohne Hund oder Radeln. Beliebt ist auch Yoga, Gymnastik, leichtes Krafttraining oder Qi gong. Egal was es ist, Bewegung steigert die Energie, regt das Immunsystem an, ist gut für die Atmung und strafft den Körper.

Zum Weiterlesen: Vom Gehen, Sehnsuchtsorten, Wunder sehen und der Freude

Lesen, Hören, Neues lernen
Da schafft es die tägliche Zeitung nach meiner nicht repräsentativen Umfrage auf den ersten Platz. Neuigkeiten aus aller Welt werden gern mit einer Tasse Kaffee oder Tee konsumiert. Ich habe allerdings Zweifel, ob diese ganzen negativen Meldungen jemanden fröhlich in den Tag starten lassen.

Ganz anders dagegen ein Buch. Egal ob Belletristik oder Sachbuch, du bestimmst das Thema. Was ist neu für dich? Womit wolltest du dich schon lange mal befassen? Was fasziniert dich? Vielleicht enthält es Übungen, die du morgens ganz in Ruhe durchführen kannst und andere Erkenntnisse für dein zukünftiges Leben.

Du magst nicht lesen, sondern bist mehr der Ohren- und Augentyp? Auch gut, hör einen Podcast oder schau dir ein inspirierendes Video an.

Schreiben
Die Gedanken aus deinem Gehirn durch die Hand auf das Papier fließen zu lassen, ist ungemein bereichernd. Zu Beginn werden es nur Banalitäten sein, doch mit jeder Zeile gibt dein Unterbewusstsein mehr von deinen Wünschen preis. Das können Morgenseiten sein, ein Tagebuch oder Notizen über das, was dich gerade bewegt.
Eine andere Möglichkeit ist: Du suchst dir ein Wort, Satz oder Zitat aus, welche dich durch den Tag begleiten. Abends schreibst du deine Gedanken und Erkenntnisse dazu auf. (Beim Wüstenwandern haben wir es so gehalten)

Auch Affirmationen gehören in diesen Bereich oder Visualisierungen: Was möchte ich gern in Zukunft in mein Leben ziehen, wie soll mein Leben aussehen, für was bin ich dankbar? Welchen Lebensbereich möchte ich verändern und wie. Alles hat seinen Platz auf dem Papier.

Stille und Meditation
Wir leben in einer lauten Welt, eingebettet in eine immerwährende Geräuschkulisse. Eine kleine Auszeit, raus aus dem Lärm empfinde ich als wesentlichen Punkt eines Morgenrituals. Sich hinsetzen und dem eigenen Atem nachspüren lässt dich zur Ruhe kommen und fördert die Gesundheit. Das wird zu Beginn sehr kurz sein, da man die Stille, das Nichtstun kaum aushält. Doch besser nur 1 Minute als nichts.

Leseempfehlung: Die Stille in dir von Silvia Berft

Ausprobiert, für gut befunden und aufgehört

Um mein persönliches Morgenritual zu finden habe ich viel herumprobiert, immer unter der Prämisse, was macht mir Spaß. Ich habe Punkte in mein morgendliches Programm aufgenommen und wieder verworfen bis alles genau passte. Nein, zum Frühaufsteher bin ich dadurch nicht geworden, doch die Vorfreude vereinfachte den Sprung aus dem Bett. Über Jahre startete ich ruhig, entspannt und konzentriert in den Tag. Alles war gut bis zu dem Moment, an dem ich dachte, das kann ich mal unterbrechen. Aus dem einem Morgen wurden zwei, dann drei und schließlich ließ ich es ganz.

Von wegen einmal ist keinmal

Kennst du das? Wenn du erst einmal eine Gewohnheit unterbrichst, aus welchen Gründen auch immer, ist es extrem schwer, sie neu in den Tagesablauf zu integrieren. Meine halbherzigen Versuche, wieder in den morgendlichen Fluss zu kommen, scheiterten. Dabei lag es nicht an der fehlenden Zeit. Bekanntlich muss die ja für alles herhalten, wozu man keine Lust hat oder nicht Nein sagen will. Im Gegenteil, es war zuviel Zeit, die ich plötzlich hatte.

Das war natürlich ein gefundenes Fressen für meine kleine Mieseprimel:
„Du bist doch mehr eine Nachteule als eine Lerche. Schlaf ein wenig länger, dann bist du ausgeruhter. Und dein Morgenritual? Das verteilst du über den ganzen Tag. Du bist doch jetzt Rentnerin. Da hast du Zeit ohne Ende und das Beste, du kannst sie dir einteilen, wie du willst.“

Und ich ließ mich darauf ein mit dem Ergebnis, dass der Tag plötzlich herum war ohne eine Spur von Übungen aus meinem Morgenritual. Dabei hätte ich es aus langjähriger Erfahrung besser wissen sollen. Nun fange ich wieder ganz von vorne an.

Das Wunder am Morgen

Ein Morgenritual ist äußerst gewinnbringend. Es entstresst, fokussiert, strukturiert, fördert die Disziplin, bringt, lang genug ausgeführt, Erfolg, Ruhm und Reichtum. Ganz ehrlich? Das sind sicherlich tolle Nebenwirkungen, doch darum geht es mir nicht.

Mein Morgenritual vollbringt das einzigartige Wunder, dass aus einem wortkargen Geschöpf mit vernebeltem Denkprozessen und vermatschten Körper in kürzester Zeit ein vorzeigbarer Mensch wird. Nach dieser knappen Stunde „mitten in der Nacht“ bin ich wach, energiegeladen, körperlich fit und vor allem, sehr zufrieden mit mir selbst. Aus diesen Gründen will ich sie wieder haben, meine Morgenstund’ mit Gold im Mund.

Meine „Goldene Stunde“ oder aller Neuanfang ist schwer

Wie ich das anstelle? Genau wie beim ersten Mal, ganz langsam herantasten. Auf keinen Fall versuchen, alle empfohlenen Punkte gleich in den ersten Tagen abzuhaken. Dann dreht das innere Aufpasserchen durch und macht mir einen dicken Strich durch die Rechnung. Ganz bestimmt. An die Kommentare von Mieseprimel mag ich dabei gar nicht denken.

Dann will ich mal den Neuversuch wagen.

Als Erstes ein Glas Wasser trinken, möglichst abgekocht und heiß, mit einem Spritzer Zitrone drin, weil es dann den Körper am effektivsten reinigt, den Stoffwechsel ankurbelt, Vitamin C liefert, blablabla.
Meine Morgenträgheit reicht nur bis zum Wasserhahn aufdrehen und Glas füllen. Sollten ein paar Spritzer die Augen erreichen, auch gut, dann kann ich besser sehen.

Immer noch sehr müde, wanke ich mit dem Glas Wasser zum Tisch, nehme einen Stift und schreibe. Selbst wenn es nur ein einziger Satz ist oder ein Wort, mein Oberstübchen wird sich im Laufe des Tages damit beschäftigen. Vielleicht schreibe ich noch was dazu. Wer weiß. Möglich, dass sogar wieder Morgenseiten daraus werden. Später einmal.

Zum Weiterlesen: Wie ich zum Schreiben kam oder „Schreiben können nur die anderen“

Bewegung macht müde Geister munter. Also mache ich eine oder höchstens zwei Qi gong Übungen. Das ist wunderbar, denn es geht mit geschlossenen Augen. Ich stelle mir vor, wie ich Himmel und Erde auseinander halte oder alle Mühseligkeiten des Alltags hinter mir zurücklasse. Weil mein Energiepegel inzwischen gestiegen ist, mein Aufpasserchen noch gemütlich im Bett liegt und Chi gong zu meinen Lebensperlen gehört, wird aus dem Minimalprogramm die ganze Sequenz der 8 Brokate.

Zum Weiterlesen: Meine Perlen der Lebensfreude

Am Schluss bleibe ich noch ein paar Minuten still stehen, atme ein und aus, spreche lautlos einige Affirmationen, rufe mir ins Gedächtnis, welche Aufgaben heute wichtig sind, bedanke mich im voraus für deren gutes Gelingen und den wunderbaren Tag, der vor mir liegt.

Lesen lasse ich aus bzw. habe es auf den Abend verschoben. Dann kann ich meiner Lieblingsbeschäftigung stundenlang frönen. Allerdings könnte ich mir, wie früher schon einmal, aus der örtlichen Bücherei wieder dicke Bildbände holen. Morgens ein Foto betrachten und in fremde Welten eintauchen hat was. Das dauert nur kurz, begleitet mich aber über den gesamten Tag.

Kleiner Hinweise am Rande: Verzichte auf Apps, um deine Leistung zu kontrollieren und den ganzen Selbstoptimierungswahnsinn. Mach eine einzige Sache, und die ganz bewusst. Wenn du läufst, dann konzentriere dich auf das Laufen. Der Podcast kann warten. Genieße die Bewegung, die Stille und Schönheit der Natur. Konzentriere dich auf das Wesentliche.

Ein Morgenritual ist deine „Goldene Stunde“ weit weg von Belastungen, Stress, Hektik und Anspruchsdenken. Sie ist kostbar, denn es ist Zeit nur für dich und mit dir – für mehr Gelassenheit und Freude in deinem Leben. Probiere es aus, wenn du magst.

Oder hast du schon ein Morgenritual? Was läuft es ab und funktioniert es für dich? Schildere doch deine Erfahrungen in einem Kommentar. Danke.

Nimm dir Zeit zum Leben – Lieben – Lachen
und bunte Sachen machen

Deine Elvira

PS: Ach ja, reich bin ich dadurch nicht geworden und am Ruhm arbeite ich noch. Der Erfolg, so wie ich ihn mir gewünscht habe, ist eingetreten, und ich bin mega entspannt. Ist doch prima.

Morgenritual, Morgenstunde
Ein Morgenritual lässt den ganzen Tag in einem neuen Licht erscheinen

9 Kommentare, sei der nächste!

  1. Hallo liebe Elvira, Morgenritual? Hmmm, das fängt bei meiner Tablette für die Schilddrüse an. Als erstes, denn die soll 30 Minuten vor dem Frühstück sein. Schon seit über 30 Jahren. Das geht ohne große Überlegung. Teewasser aufsetzen und zum Frühstück gehört die Zeitung. Alles was in der Welt passiert ist, habe ich am Abend vorher in den Nachrichten gehört, das lasse ich aus. Danach ist das Bad angesagt, ausgiebig. Die Zeit habe ich seid einem Jahr und ich genieße es.
    Liebe Grüße
    Gudrun

  2. Also im Sommer funktionierte das sehr gut mit meiner Morgenroutine. Manchmal saß ich schon um 5:00 Uhr auf meinem Vordach im Korbstuhl und mit einem Becher Kaffee. Wertvolle Zeit für Meditation oder einfach lauschen wie die Vögel zwitschern und der Tag erwacht. Nach kurzer Zeit mußte ich schnell sein, damit ich mich in den Stuhl setzen konnte, Katze hatte schnell raus: morgens erstmal aufs Dach d.h. sie hat den Platz schnell besetzt. Also Schale unter dem Sessel gerichtet und so saßen wir da, die eine unten, die andere oben.
    Jetzt wo es Herbst wird, stehe ich später auf und vielleicht aktiviere ich auch mal wieder die Morgenseiten…Ideal fände ich entweder gleich eine Runde draußen zu drehen oder eine halbe Stunde die 5 Tibeter wieder rauskramen und anschließend sitzen. Danke für die Anregung. Ich arbeite dran.Grüße nach nebenan!

    1. Oh ja, liebe Anne, 5 Tibeter sind auch eine schöne Sache. Inzwischen wechsle ich ab, einen Tag 5 Tibeter, den anderen Tag Qi gong, nur regelmäßig ist das alles noch nicht. Dann lass uns beide mal daran arbeiten, so nebeneinander mit ein paar Kilometer Entfernung.

      Liebe Grüße über die Grenze
      Elvira

  3. Hallo Elvira,
    in der Tat : Ich habe Morgenrituale = das Glas Gel-Wasser ( Buch :HYDRO Power – Dr. Dana Cohen/ Gina Bria ) zum Beispiel.. Aber auch abends….für meinen Mann. O.K. Naja, hat auch etwas mit Eigennutz-Schutz zu tun…Schmunzel = wer möchte schon das Gewühle, durch alle Schränke, morgens um 06.23 Uhr haben… Und den Spruch: “ Schatz, passt diese Krawatte zum Hemd?“…. Habe ich damit abgeschafft. Du kennst den Spruch: “ Willst Du Gott zum Lachen bringen, dann schmiede einen Plan!“ ? ( Ein anderes Thema zwar, aber wenn ich diesem Typen mal begegnen sollte…..hat er ein echtes, ernsthaftes Problem.) Sollte es so sein, werde ich im Oktober 52 Jahre -alt – jung-…..meine Halbwertzeit ist überschritten. Seit über eineinhalb Jahren befinde ich mich in den Wechseljahren. UND ich nehme ALLES mit, was diese zu bieten haben. Ich bin WAAGE…ich mache keine halben Sachen! Manchmal ist das sehr schwer mit meinen anderen Eigenschaften zu vereinbaren. ACH.. Und ich habe meinen Job gewechselt. Noch ein Thema ……..aber nicht mehr heute. Mit herzlichen Grüßen Michaela

    1. Hallo Michaela,

      da ist ja richtig was los bei dir in der 2. Lebenshälfte. Und die Klamotten für den Mann abends herauslegen kenne ich gut von anderen Frauen. Scheint es oft zu geben.

      Wünsche dir sehr, dass sich die Waagewaage der Wechseljahre langsam auf die goldene Mitte einpendelt. Also, nicht beim Verteilen der ganzen Plagen „Hier, hier bin ich“ schreien (grins). Bei Hitzewallungen empfehle ich sehr den weltberühmten Eskimo-Look, damit du eine Lage nach der anderen ausziehen kannst. Trug immer sehr zur Erheiterung meiner Umwelt bei und brachte Aufmerksamkeit: „Wieviele Teile kann sie ausziehen bis sie in Unterwäsche da steht?“

      Liebe Grüße
      Elvira

  4. Liebe Elvira,

    ich bin auch so eine Nachteule, die morgens desorientiert durch die Wohnung wankt. Ob ich für mein Morgenritual wirklich früh aufstehen könnte, weiß ich nicht.

    Zum Glück bin ich in der Situation, ganz in meinem Tempo in den Tag starten zu können.

    Noch sehr verschlafen trinke ich eine erste Tasse Kaffee mit meinem Mann, bevor er das Haus verlässt. Dann rolle ich die Yogamatte aus und mache jetzt nach individuellem Zustand eine ruhige oder eine knackige Sequenz.

    Danach setze ich mich an die Morgenseiten. Anders herum funktioniert es nicht, dann schlafe ich darüber wieder ein 😉

    Das klappt jetzt seit einiger Zeit sehr gut. Wie du schreibst, sind die Unterbrechungen des Rituals kritisch. Bei uns meistens durch unsere Reisen. Danach ist es meist schwierig, wieder rein zu kommen.

    Liebe Grüße

    Gina

    1. Ach, das hört sich gut an. Vielen Dank, dass du deine Erfahrungen hier teilst. Ja, das Reisen, da kommt bei mir auch alles wieder neu durcheinander, was ich mir mühsam erarbeitet habe.

      Mit herzlichem Gruß
      Elvira

  5. Ich habe mir wirklich Zeit genommen, meine Morgenrituale zu entwickeln. Ganz ohne Druck, einfach darauf geachtet, was mir gut tut. Jetzt beginne ich einen Tag damit, Tee aufzugießen und während er zieht, schreibe ich meine Morgenseiten und trinke Wasser. Gegen die Morgenseiten habe ich mich sehr lange gewehrt und jetzt möchte ich sie nicht mehr missen 🙂 Dann Bettenmachen, Morgentoilette und dann ans Tagwerk. So fand ich zum Beispiel auch heraus, dass ich gar nicht gleich nach dem Aufstehen frühstücken will.

    1. Danke, liebe Barbara für die Ergänzung. Ja, Bettenmachen gehört auch dazu. Das gibt gleich so ein Ordnungsgefühl. Und mit dem Frühstück experimentiere ich noch.

      Einen herzlichen Gruß
      Elvira

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