Wie bewundernswert sind doch jene Menschen, an denen scheinbar alles abprallt. Sie besitzen wohl diese geheimnisvolle Fähigkeit namens Resilienz.
Die brauche ich auch. Dringend. Besonders in unsicheren Zeiten wie jetzt, mitten in einer Pandemie, wo sich die Welt rapide verändert, der Alltagsdruck verstärkt und der Stresspegel ins Unendliche steigt. Ohne Resilienz machen mich die Herausforderungen der globalen Welt doch fix und fertig. Eine beängstigende Vorstellung. Ebenso nützlich ist sie, wenn ich erfolgreich werden will oder sich mein Leben fluffig leicht anfühlen soll. Diese magische Eigenschaft könnte sogar vor Depressionen, Angststörungen oder dem Burn out schützen, vermuten Forscher.
In meinem Will-ich-noch-lesen-Regal sammelten sich im letzten halben Jahr immer mehr Bücher, die Resilienz zum Thema hatten. Corona lässt grüßen. Dieser Artikel ist aus der Frage heraus entstanden: „Bin ich eigentlich resilient? Ist das angeboren? Kann ich das lernen?“ Hier sind meine ersten Erkenntnisse. Weitere werden noch folgen, da bin ich mir ganz sicher.
Was ist Resilienz?
Abgeleitet wird der Begriff aus dem lateinischen resilire (zurückspringen, abprallen) oder dem englischen resilience (Spannkraft, Strapazierfähigkeit, Elastzität). Ganz allgemein bezeichnet Resilienz die psychische Widerstandskraft eines Menschen, mit den Belastungen und Risiken des Lebens gut fertig zu werden. Dabei fällt mir einer der Kernsätze meiner Oma ein, die sagte:
„Was uns nicht umbringt, macht uns härter“
War sie mit einer besonders großen Portion Resilienz ausgestattet? Immerhin hatte sie anscheinend unbeschadet zwei Weltkriege überlebt und wirkte auf mich, als könnte sie nichts umhauen.
Kinder sind besonderen Risiken ausgesetzt
Als Erwachsener kannst Du auf Deine Erfahrungen setzen, um auf die Herausforderungen des Lebens besser zu reagieren. Kinder dagegen sind den Belastungen oft hilflos ausgesetzt. Sie leben in Armut (auch im reichen Deutschland wächst deren Zahl) oder sind als Flüchtlinge unterwegs, müssen Übergangsphasen wie die Pubertät bewältigen, leiden unter familiären Spannungen oder bewegen sich in einem unsicheren sozialen Umfeld. Fehlt dann noch ein positives Netzwerk an Verwandten, Freunden, Kindergarten, Schule, Verein oder anderen Institutionen sind Verhaltensauffälligkeiten vorprogrammiert.
Auf den Spuren der Resilienz
Weltweit gibt es unzählige Studien und Forschungsprojekte, die dem Geheimnis der Resilienz auf die Spur kommen wollen. Eine der ersten Untersuchungen wurde von der amerikanische Wissenschaftlerin Emmy Werner (1929 – 2017) vorgelegt. Sie begleitete 40 Jahre alle Kinder des Geburtsjahrgangs 1955 der hawaianischen Insel Kauai, um zu erfahren unter welchen Bedingungen sich Menschen, die in einem negativen sozialen oder familiären Umfeld heranwachsen, Verluste erleben oder psychischen Belastungen ausgesetzt sind, gesund entwickeln. Einige besaßen anscheinend einen unsichtbaren Schutzmechanismus. Sie konnten nicht nur besser mit Problemen umgehen, sie durchliefen sie auch schneller und gingen hinterher gestärkt daraus hervor.
Welche Schutzfaktoren besitzen resiliente Menschen?
Die schlechte Nachricht gleich vorweg: Es gibt leider kein Patentrezept nach dem Motto „Tu dies, lass das“, dann werfen dich Krisen nicht aus der Bahn.
Emmy Werner fand jedoch ein paar Gemeinsamkeiten bei den Kindern, die sich positiv entwickelten. Sie besaßen eine emotionale Bezugsperson, einen starken Familienzusammenhalt oder gute Freundschaften (Netzwerk) sowie soziale Kompetenz. Das ist keine Garantie für die Ausbildung von Resilienz, doch eine gute Basis.
Die Weltgesundheitsorganisation fand 1994 bereits 10 Kernkompetenzen hilfreich für ein gelingendes Leben:
- Fähigkeit, seine Probleme zu lösen
- Erkennen der eigenen Person mit ihren Stärken, Schwächen, Wünschen und Abneigungen (Selbstwahrnehmung)
- Empathie
- Kreatives Denken
- Kritisches Denken
- Entscheidungsfähigkeit
- kommunikative Kompetenz (die Fähigkeit sich verbal auszudrücken)
- interpersonale Beziehungsfertigkeiten (Freundschaften schließen und aufrecht erhalten)
- Gefühlsbewältigung
- Stressbewältigung
Je nach dem, welche Forschungsergebnisse herangezogen werden, variieren die Einflußgrößen von den 6 wichtigsten über die 7 echten bis hin zu den 15 entscheidenden, ergänzt von zahlreichen Empfehlungen und Konzepten für einzelne Berufsgruppen.
Und nun die gute Nachricht: Als menschliches Wesen kannst du ständig dazulernen, dich weiterentwickeln und verändern. Es ist also möglich Resilienz zu steigern.
Der 10-Punkte-Plan zur Krisenbewältigung
Der APA, der Fachverband amerikanischer Psychologen hat nach dem 11. September 2001 ein Programm entwickelt, um Krisen und traumatische Erlebnisse zu verarbeiten.
1. Selbstreflexion als Wachstumschance begreifen
Gemeint ist die Selbst- und Fremdwahrnehmung, denn viele unserer Verhaltensmuster und Charaktermerkmale sind uns nicht bewusst. Dabei kann mann sich noch in eine öffentliche, also was zeige ich von mir nach außen und als private Person wahrnehmen, also was weiß nur ich oder mir sehr nahestehende Personen.
„Jeder ist ein Mond
und hat eine dunkle Seite,
die er niemandem zeigt“
(Mark Twain)
2. Veränderungen akzeptieren
In jedem Leben kommt es zu Situationen, denen wir uns erst einmal hilflos ausgeliefert fühlen: das angestrebte Ziel nicht erreicht, der Job gekündigt, der Partner zieht aus oder ein geliebter Mensch ist gestorben. Leicht geschrieben, schwer getan, doch es ist wichtig nach der Schockstarre das Scheitern anzuerkennen, die Kündigung oder Trennung als Chance wahrzunehmen als auch die Phasen der Trauer zu durchleben. Die Welt geht davon nicht unter, doch eine Zeitlang bleibt sie stehen bevor sie sich weiterdreht.
Zum Weiterlesen: Veränderungen – Loslassen in 5 Varianten als Lebensaufgabe
3. Krisen als beherrschbar ansehen
Sie gehören zum Leben dazu, kommen meistens plötzlich und unerwartet.
Manchmal werden sie dir von außen übergestülpt wie gerade jetzt diese Corona Pandemie. Dann gilt es optimistisch zu bleiben und das Beste daraus zu machen. Als Frau 50+ kannst du dabei auf deine ganze Lebenserfahrung und Weisheit bauen.
4. den Überblick bewahren
Also nicht kopflos handeln. Weiß ja Jede. Erst überlegen, dann losrennen. Geht aber auch anders herum. Ein Plan statt Spontanität. Das große Ganze im Blick haben. Eine Nacht darüber schlafen.
Schwierig, wenn ich empört bin und mich aufregen will oder mein Rumpelstilzchen schreit: „Ich will das! Entscheide dich! Jetzt! Gleich! Sofort!“ Das ist wohl nicht im Sinn von Überblick bewahren. Zum Glück bin ich lernfähig.
5. Proaktiv sein und handeln
Vermeiden, umschiffen, abwarten, wegsehen, davonlaufen, ablenken, schön reden, aussitzen, ignorieren oder schweigen sind keine Lösungsansätze, damit sich ein Problem in Luft auflöst. Es ist immer noch da. Garantiert. Das Verdrängen kostet dich jedoch Energie, Nerven, Schlaf und sogar Geld. Außerdem kriechen die Schwierigkeiten immer in unpassenden Momenten wieder aus ihren Schlupflöchern, um dich daran zu erinnern, dass es noch etwas zu bearbeiten gibt.
Dann ziehe ich mal meinen Kopf aus dem Sand und schaue meinen verdrängten Herausforderungen ins Gesicht. Aber nicht gleich. Morgen. Oder übermorgen. Dann, wenn ich Zeit dafür habe.
„Verschiebe nicht auf morgen,
was auch bis übermorgen Zeit hat“
(Mark Twain)
Puh, mir raucht der Schädel von den vielen Informationen zum diesem Thema. Ich habe das Gefühl, dass ich sie nicht mehr richtig filtern kann, denn es gibt Unmengen von ähnlich klingenden Aussagen, dazu Widersprüche, Überschneidungen, Empfehlungen und Übungen.
Ich lüfte dann mal meinen Kopf aus, damit er frisch genug ist, um die Punkte 6 – 10 aufzunehmen. Die kommen im nächsten Artikel und soviel sei dir schon verraten: Es geht um Selbstfürsorge, Optimismus und das Licht am Ende des Tunnels.
Bis dahin
Lass uns zusammen Leben – Lieben – Lachen
unsere Probleme mutig ans Licht holen
und bunte Sachen machen
Deine Elvira