Corona Jahr 2020 pilgern

Rückschau auf mein Corona Jahr 2020

Will ich oder will ich nicht? Was schreiben über dieses ungewöhnliche Jahr 2020, das der Welt das Corona-Virus bescherte, welches uns bis heute in Atem hält. Ja, ich will, muss sogar, damit in meinem Gehirn wieder Platz ist für Lebenslust und Freude. Damit ich mich besser darauf konzentrieren kann, was gerade auch noch wichtig ist in meinem Leben und meinem Umfeld. Damit mich Corona nicht vereinnahmt, als gäbe es keine anderen Herausforderungen mehr auf diesem Planeten. Damit mich dieses Virus nicht lähmt und den Blick vernebelt. Schreiben befreit, es ist sozusagen ein Gehirn-Großreinemachen.

Ein Wirbelwind namens Corona

Alles lief wie gewohnt zu Beginn von 2020 bis Corona unseren Alltagstrott durcheinander wirbelte. Das Virus diktiert uns bis heute andere Verhaltensregeln, verhindert Begegnungen und Berührungen, zwingt zum Alleinsein, macht einsam, vernichtet Lebensfreude, schürt Ängste, bringt Industrien zum Wanken und Menschen um ihre Existenz. Gnadenlos fordert es ein Um- wenn nicht gar ein Neudenken, denn Fakt ist, dass wir am Ende der Schneller-Höher-Weiter-Besser-Spirale angekommen sind. Der Planet Erde ist erschöpft und seine Bewohner mit ihm. Wie beschrieb es eine Reportage auf Arte „Die Erde atmet aus“. Und ich glaube, sie hat einen langen Atem.

Corona rüttelt und schüttelt uns

Was uns fehlte, worunter wir litten und noch immer leiden, welche Existenzängste und Sorgen uns umtreiben, was uns nachts den Schlaf raubt und tagsüber die Ruhe, welche Träume das Virus zerstörte und welche Menschen es uns nahm, damit mussten und müssen wir immer noch alleine klarkommen. Jede:r für sich. Corona rüttelt so lange an den Grundfesten unseres Lebensgebäudes bis kein Stein mehr auf dem anderen bleibt. Es hinterfragt und zwingt uns, genau hinzuschauen auf den Kern unsere Wesens, auf unsere Werte, auf unser Tun und noch mehr unser Lassen.

Meine wunderbaren Corona-Geschenke

Ganz versteckt hat mir dieser Winzling, der wie ich finde, ganz zauberhaft aussieht mit seinen vielen Ärmchen, auch was gegeben:

  • Ich durfte mitten im Rennen anhalten und tief durchatmen. Diese Verschnaufpause habe ich mir aus vollem Herzen gegönnt, der Rente sei Dank und dass ich hier im sicheren Deutschland leben darf, wo das möglich ist, ebenfalls. Ich hatte auf einmal Zeit. Zeit zum Vertrödeln, zum Nichtstun, für den Partner, die Enkel und jede Menge Zeit für mich selbst. Eine aufregende Situation, in der ich mich erst einmal zurechtfinden musste.
  • Ich durfte Hobbys wieder entdecken, allen voran Lesen, Lesen, Lesen dicht gefolgt von Garten, Garten und dazu Tanzen. Ehrlich gesagt, wäre in der Wohnung herumhüpfen die bessere Bezeichnung. Diese Drei habe ich garniert mit Allem, was ich schon immer mal ausprobieren wollte. Verwendet man eigentlich noch dieses altertümliche Wort Hobby für seine liebsten Freizeitbeschäftigungen oder heißt das jetzt anders. Manchmal komme ich mit den „modernen“ Ausdrücken einfach nicht mehr mit. Sind das Anzeichen von Altersdemenz? Festhalten am Gestern?

Lasst uns lesen, lasst uns tanzen,
das sind zwei Vergnügen,
die niemandem auf der Welt schaden.
(Voltaire)

  • Ich durfte ganz viel Neues ausprobieren vor allem im digitalen Bereich. Beim Home schooling mit der Enkelin im 1. Lockdown sprühten wir beide vor Kreativität. (Mutter und Vater arbeiten beide in systemrelevanten Berufen). Völlig frei gestaltete sie nach ihren Vorlieben den Stundenplan. Gemeinsam haben wir Maltechniken ausprobiert, Jazztanz geübt, uns in die Welt der Insekten versenkt, das Leben im Mittelalter kennengelernt, den Wohnort und die Umgebung erkundet, Portugiesisch gelernt, in Chemie fast die Wohnung ruiniert und nebenbei Englisch, Mathe und Deutsch gepaukt. Voller Freude stand sie jeden Morgen um 8.00 Uhr auf der Matte und der Unterricht zog sich manchmal bis in den Nachmittag. Jetzt bei der Schulschließung Nr. 2 und eine Klasse weiter gestaltet sich der digitale Unterricht „schwierig“, um es mal vorsichtig auszudrücken.
  • Ich durfte feststellen, dass mein Widerspruchsgeist eingeschlafen war. Als ich jedoch in die Risikogruppe Ü60 eingestuft wurde, erwachte er sofort. Warum, wieso und weshalb bist du plötzlich ein Risiko, wollte der Geist wissen. Nach dem Abwägen von Für und Wider verließ ich diese Gemeinschaft. Nur weil ich über 60 bin, berechtigt das Niemand, mich ungefragt irgendwo einzuordnen.
    Trotzdem rumort bis heute der Gedanke in meinem Kopf, ob ich durch die Pandemie zu einem Menschen zweiter Klasse geworden bin? Fragen stürmen auf mich ein: Darf man mich hier- oder dorthin schieben, mich bevormunden zu meinem eigenen Besten, mich aufgrund meines Lebensalters ausgrenzen und einen Keil zwischen die Generationen schieben?
  • Ich durfte erleben wie sich Nähe und Entfernung auf mein Wohlbefinden auswirken. Abstandsregeln hemmen mein natürliches Zusammensein mit Freunden und Bekannten. Es ist eine völlig neue Herausforderung, weil ich doch Jede:n gleich gern umarme. Treffe ich nun Jemand leuchtet sofort das Warnschild in meinem Kopf auf: Achte darauf, keine Hände schütteln und Abstand halten. Ob ich es will oder nicht, diese Regeln machen was mit mir. Inzwischen fühle ich mich unwohl, wenn mir Menschen zu nah auf die Pelle rücken. Um das zu vermeiden, laufe ich in Schlangenlinien durch die Stadt, vermeide enge Gassen, verlasse den Bürgersteig oder ändere sogar die Straßenseite. Er oder sie könnte ja . . ., vielleicht aber auch ich selbst? Wer weiß das schon.
  • Der Lockdown führte jedoch auch dazu, dass Entfernungen aufgehoben wurden. Bei Nr. 1 wagten wir das Experiment Großfamilie unter einem Dach. Weil es sich prima bewährt hatte, gingen wir beim sanften und schließlich harten Lockdown Nr. 2 in die Verlängerung. Das führte schließlich zu einem Wohnortwechsel mit noch mehr Nähe zueinander.
  • Ich durfte mit meinen Händen werkeln, habe mich im Zeichnen versucht und in der Erde gewühlt. Der Garten entstand neu nach einem Plan, der mir in den Rauhnächten zugeflogen war. Plan ist übertrieben, es ist eher ein kunterbuntes Durcheinander in veränderter Form geworden.
  • Ich durfte täglich in der Schatzkammer der Natur unterwegs sein. 2019 hatte ich zusammen mit meinem Partner Thomas eine Ausbildung zur Kräuterfrau gemacht. Jetzt hatte ich unendlich Zeit, die Kräuter in meiner Umgebung aufzustöbern, von allen Seiten zu fotografieren und zu experimentieren. Nicht alles ist gelungen, doch Übung macht die Meisterin.

Was war noch ganz wunderbar?

  • Ich durfte loslassen: nicht nur Dinge sondern auch Pläne und das, was hätte sein können.
  • Ich durfte das Alleinsein mit allen seinen Facetten ausloten.
  • Ich durfte mich in Gelassenheit und unendlicher Geduld üben.
  • Ich durfte 10 Tage zusammen mit der Enkelin auf dem Harzer-Hexen-Stieg wandern.
    Leseempfehlung: Ankunft in Osterode, das Abenteuer beginnt
  • Ich durfte weiter durch Frankreich pilgern und erhielt auf dem Weg meine verloren gegangene Leichtigkeit zurück. Die raue Wirklichkeit holte mich zurückgekehrt nach Deutschland ganz schnell wieder ein, denn inzwischen war Frankreich zum Risikogebiet erklärt worden. Also, Meldung ans Gesundheitsamt und 10 Tage Quarantäne oder ein Coronatest, um das Eingesperrtsein zu verkürzen. Das Testergebnis ließ allerdings 7 Tage auf sich warten.
  • Ich durfte Menschen behilflich sein.
  • Ich durfte mich für die Arbeit im Kirchenvorstand in Umwelt- und Ernährungsthemen einarbeiten.
  • Ich durfte in die Sterne schauen, welche unzählig vom saubergeputzten Nachthimmel zu mir herunter funkelten

und noch Vieles mehr, was Abwechslung und Struktur in den Tag bringt und mir sehr viel Freude machte.

Wie ist es Dir ergangen? Was hilft Dir, damit Du gut durch diese herausfordernde Pandemie kommst? Über Deinen Kommentar freue ich mich und vielleicht hilft Dein Tipp einer Leserin. Danke schön.

Lass uns zusammen LEBEN – LIEBEN – LACHEN
auch in der Krise den Mut behalten
und bunte Sachen machen

Deine Elvira

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