Miteinander reden oder vernetzt einsam

Miteinander reden oder vernetzt einsam

Wir leben in einer hektischen Zeit. Sie quillt vor Informationen über, welche unser Gehirn weder einordnen noch verarbeiten kann. Einer Zeit, in der Abkürzungen Standard sind, Kurzsätze die Regel und e-mails persönliche Gespräche verhindern. Wir fühlen uns getrieben, erschlagen von dieser Fülle und wissen kaum mehr, wie wir diese Flut bewältigen sollen. Unsere modernen Kommunikationsmittel können sowohl Fluch als auch ein Segen sein. Sie verbinden oder trennen.

Ein Ort – eine Situation

Vor kurzen hat mich eine Begebenheit sehr nachdenklich gemacht. In einem Lokal beobachtete ich eine Familie, welche zusammen an einem Tisch saß und auf das Essen wartete. Vier Menschen, die genau jetzt Zeit füreinander hätten. Jetzt nimmst Du an: „Prima, wunderbar, die sitzen zusammen, unterhalten sich, nehmen Anteil am anderen und schenken sich die ungeteilte Aufmerksamkeit.“ Das Herz geht Dir auf.

Doch sie waren sprachlos, schweigend, still, schauten sich nicht an. Ihr ganzes Sein war auf die neuesten technischen Errungenschaften konzentriert, welche sie vor sich liegen hatten oder in der Hand hielten. Sie hatten weder einen Blick noch ein Wort für ihr Gegenüber.

Anderer Ort – gleiche Situation

Ein Ehepaar sitzt in einem Hotel am Frühstückstisch. Ein gemeinsames Wochenende, sie schauen sich in die Augen, unterhalten sich, lachen, sind glücklich.

Weit gefehlt. Sie schweigen, denn ihre Augen sind auf ihr Smartphone gerichtet, welches für sie spannender ist als der Partner gegenüber. Eine Weile schaut er ihr stumm zu, beschäftigt sich mit seinem Essen. Schließlich holt er sich eine Zeitung und liest. Ein paar Minuten später legt sie ihr Handy weg. Jetzt versperrt ihr die Zeitung den Blick auf und den Kontakt mit ihrem Partner. Das Schweigen dauert an, denn nun trennt ein Stück Papier die Verbindung.

Anderer Ort – andere Situation

Auf einem belebten Platz sitzt ein junger Mensch. Er wirkt verloren, einsam zwischen den vielen Menschen, stumm. Nur seine Finger bewegen sich, hämmern unentwegt auf das kleine Display ein. Die WhatsApp-Gruppe und Co. will unterhalten werden. Dazugehören ist alles, selbst wenn man dort nicht mehr miteinander reden und keine vollständigen Sätze schreiben muss.

Der Weg von Mensch zu Mensch ist oft schwieriger als ein Flug zum Mond.
(Franz Kardinal König, Erzbischof von Wien 1905 – 2004)

Vernetzt einsam

Wo bleiben die Gefühle, wenn man nur ein seelenloses Ding in der Hand hält. Wie löst man Meinungsverschiedenheiten auf, wenn man warten muss, bis der Andere sich irgendwann meldet. Was passiert, wenn ich die mir geschickte Botschaft falsch verstehe, denn was A bruchstückhaft schreibt, kann von mir ganz anders interpretiert werden.

Welche innere Kälte und Leere breitet sich aus, wenn man vom Tod einer Person kurz und bündig  benachrichtigt wird. Gibt es nicht? Doch gibt es! Wie belanglos sind die meisten dieser Mitteilungen. „Bin gleich zuhause“, taugt höchstens als Warnung und wird nur dann wichtig, wenn man noch schnell was verstecken will. Selbst in kleineren Firmen werden haufenweise Mails von einem Büro ins nächste geschickt. Man könnte aufstehen, ein paar Schritte gehen und wäre sofort im persönlichen Kontakt mit der Kollegin oder dem Kollegen.

Wir verlernen vieles wieder

Es fehlt das Gefühl, ein Blick in das Gesicht des Gegenübers, eine Berührung. Wir verlernen miteinander zu reden aber auch gemeinsam zu schweigen. Wir verlernen zu diskutieren oder sogar zu streiten, denn beides braucht eine direktes Gegenüber. Wir verlernen das Zuhören, das sich in den anderen hineinfühlen. Wir verlernen, die Körpersprache zu deuten. Wir verhindern Glücksgefühle, denn nur persönliche Kontakte, und seien sie telefonisch, machen glücklich. Was bleibt ist innere Leere und aufgestaute Gefühle.

Ein kostbares Geschenk

Ich gebe zu, Facebook und Co. sind wunderbar, weil wir uns, unabhängig von Zeit und Raum über Erdteile hinweg vernetzen können. Wir können sogar neue Kontakte knüpfen, einfach und schnell. Nur eines geben Dir diese technischen Errungenschaften nie: Energie, Kraft und Glück. Das schafft nur ein echtes Gespräch von Mensch zu Mensch. Das Kostbarste, was Du einem lieben Menschen schenken kannst, ist Zeit. Zeit für ein persönliches Treffen, Zeit für ein Gespräch miteinander.

Leseempfehlung: Das schönste Geschenk ist Zeit (auch oder trotzdem es ein Artikel zu Weihnachten ist)

Handyfrei

Ich mag meine handyfreie Zeit, sehr oft zum Missgefallen meines Umfeldes. Mal verzichte ich freiwillig, mal gezwungen, weil der Akku wieder leer ist. Wie glücksbringend ist es, mit Menschen zusammen zu sitzen, ihren Worten zu lauschen, in ihre Gesichter zu schauen, aufmerksam zu sein. Wie nervig ist es oder wie uninteressant bin ich, wenn der Mensch mir gegenüber ständig auf sein Handy schielt oder sogar wie wild darauf herum tippt, weil er den Eindruck erwecken will – ich bin ja soooo wichtig.

Wie hältst Du es mit den Kontakten zu anderen Menschen?

Lass uns zusammen LEBEN – LIEBEN – LACHEN
und lauter bunte Sachen machen

Elvira

2 Kommentare, sei der nächste!

  1. Liebe Elvira,

    Ich liebe Artikel wie diesen, weil du mir voll und ganz aus der Seele sprichst. Beim Essen – egal, ob Geschäftsessen oder privates Zusammensein – haben Handys aus meiner Sicht nichts verloren, das ist eine Frage der Wertschätzung für mein Gegenüber. Gegen die Zeitung am Frühstückstisch war ich übrigens immer schon allergisch.

    Was ich jedoch sehr schätze, sind die neuen Möglichkeiten des Internet. Ohne Internet hätte ich dich nie kennengelernt, ohne Skype könnte ich den Kontakt zu meiner in Amerika lebenden besten Freundin nicht täglich halten. Ich denke, dass es immer darum geht, die Zeit qualitativ zu verbringen. Man kann jemanden schnell mit drei SMS-Worten abwimmeln, oder ihn kurz informieren. Man kann ein persönliches Treffen durch ein Telefonat verhindern, oder sich beim Telefonieren oder Skypen bewusst Zeit für einander nehmen.

    Ich glaube, letztendlich läuft es darauf hinaus, ob mir ein Mensch die Kommunikation wert ist. Und lautet die Antwort ja, dann aber bitte richtig – egal mit welchen Medien!

    Liebe Grüße
    Barbara

    1. Liebe Barbara,
      Recht hast Du in allen Punkten. Auch ich schätze die ganzen online-Möglichkeiten, die es heute gibt. Ich bin sehr glücklich über die vielen neue Kontakte, die sich darüber angebahnt haben. Es sind wundervolle spannende Menschen, die ich auf diese Art kennenlernen durfte. Wie überall gibt es Licht und Schatten. Dies zu unterscheiden ist teilweise eine schwere Aufgabe.
      Ich wünsche Dir einen schönen Abend

      liebe Grüße nach Wien
      Elvira

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