„Wie heißt denn gleich nochmal die Dame, mit der ich nun bereits seit einer Viertelstunde so nett plaudere?“ Immer wieder umschiffe ich ihren Namen, wohl wissend, dass ich die ganze Nacht darüber grübeln werde. Am nächsten Tag bin ich müde, aber immer noch nicht schlauer.
Als Hobby spiele ich in einer Theatergruppe mit. Und eines sage ich dir, das Auswendiglernen fällt mir wahnsinnig schwer. Der Text will einfach nicht in meinen Kopf hinein. War das früher in jungen Jahren genau so schwierig oder kam das erst mit zunehmenden Alter.
Mein 50plus Gehirn
Ist das normal oder hat das was mit meinem Alter zu tun. Muss ich mir jetzt Sorgen um meinen Geisteszustand machen, schicksalsergeben hinnehmen, dass meine grauen Zellen langsam aber sicher in ihrer Funktion nachlassen? Ich gebe zu, es beunruhigt mich.
Unser Gehirn ist ja ein riesiger Computer. Über 100 Milliarden Nervenzellen leiten Informationen weiter. Gedankenblitze fegen da durch. Mein ganzes Sein wird von diesem kleinen Apparat geregelt, da ist es doch logisch, dass er mal kurzfristig schlapp macht und einen Namen nicht ausspuckt oder eine Schublade wegen Überfüllung geschlossen ist. Trotzdem bin ich nachdenklich und wühle mal in schlauen Büchern und Studien, wie ich diese graue Masse und weiße Substanz in meinem Oberstübchen auf Trab bringen kann.
Egal, was ich lese, diese 5 Punkte sind überall identisch:
Laufen, Joggen, Bewegung – kurz sportliche Aktivität
Regelmäßige Bewegung soll nicht nur mein visuelles und räumliches Gedächtnis auf Trab bringen, sondern auch die Konzentrationsfähigkeit steigern. Und gute Laune kommt als Sahnetupfer obendrauf. Bei schönem Wetter ist das super, aber was mache ich, wenn es kalt oder brüllheiß ist, es sogar regnet oder schneit. Igitt, da ist bei mir Schluss mit lustig und körperlicher Ertüchtigung. Schwierig. Wie soll ich meinem inneren Schweinehund erklären, dass wir jetzt jeden Tag raus an die Luft gehen, weil ein paar Studien bewiesen haben, dass Bewegung an frischer Luft vor Demenz schützt.
Nun kommt aber die frohe Botschaft, denn diese Untersuchungen haben auch ergeben: „Ich soll es nicht übertreiben und des Guten zuviel tun.“
Na prima, ich bin dann mal im Wald.
Hände weg von Zucker und Fastfood
Beides wirkt sich nicht nur auf die Figur aus sondern auch auf das Gehirn, haben Forscher der Berliner Charité herausgefunden. Demnach geht ein erhöhter Blutzuckerspiegel einher mit einer niedrigen Gedächtnisleistung. Noch extremer sind die Berichte der New Yorker Colombia University, die aussagen, dass Menschen, die sich oft von Fastfood oder Fertigprodukten ernähren auch oft an neurodegenerativen Leiden erkranken.
Da habe ich gute Karten, denn Fertiggerichte mag ich nicht, schon die Liste der Zusatzstoffe finde ich gruselig und Zucker ist Mangelware im Haus. Mein Hippocampus schlägt Purzelbäume vor Begeisterung, denn er kann nun ungestört Gedächtnisinhalte vom Kurz- ins Langzeitgedächtnis transportieren. Merke dir: Das Beste an Nahrung ist gerade gut genug für dieses Seepferdchen ähnliche Gebilde, damit es perfekt arbeiten kann.
Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr ist ebenso wichtig für das einwandfreie Funktionieren des Gehirns. Wassermangel führt außer zu Kopfschmerzen, Schwindelgefühl, Konzentrationsproblemen usw. auch zu einer dramatischen Verringerung geistiger Fähigkeiten. Wasser wirkt auch hervorragend gegen Müdigkeit.
Schlank, schön und schlau im Schlaf
Wer kennt sie nicht, diese Versprechen
– „Abnehmen im Schlaf“,
– „Schlafen sie sich schön“ oder sogar
– „Lernen im Schlaf“
Trotz eifriger Forschungsarbeit hat sich keines dieser Versprechen als wahr herausgestellt. Schade. Es wäre wirklich zu schön gewesen. Richtig und durch Studien erwiesen ist, dass im Tiefschlaf alle tagsüber gespeicherten Informationen vom Hippocampus in das Großhirn übertragen werden.
Abends Vokabeln oder Texte zu lernen oder zu wiederholen ist demzufolge extrem sinnvoll, denn im Schlaf werden sie vom Arbeits- ins Langzeitgedächtnis geschoben. Dort ist das Wissen gut in einer Schublade aufbewahrt und noch Monate oder Jahrzehnte später abrufbar. Lernen kombiniert mit Schlaf, macht also doch schlau.
Unabhängig von Studien bin ich mir ganz sicher, dass ein Stündchen mehr Schlaf gut für meine Schönheit und das Denken ist. Mit zu wenig Schlaf ist beides von Übel.
Lernen, lernen, lernen
Nur ein gefordertes Gehirn ist ein gutes Gehirn. Wolltest du schon lange eine Fremdsprache lernen? Dann ist jetzt die beste Gelegenheit dazu. Studieren, was dich glücklich macht? Dann nichts wie hin. Ein Instrument erlernen? Ja, worauf wartest du noch, es ist nie zu spät.
Das Alter ist ein herrlich Ding. Aber nur wenn man nicht verlernt hat, was anfangen heißt.
(Martin Buber)
Lebenslanges Lernen ist die beste Methode, geistig fit zu bleiben mit einer Einschränkung: du musst es selbst wollen. Wird es dir aufgezwungen ob in Schule oder Beruf, funktioniert es nicht. Lustlosigkeit, Zwang und Stress verhindern, dass der wertvolle Botenstoff Dopamin freigesetzt wird und der sorgt dafür, dass die Nervenzellen untereinander kommunizieren, dass Gelerntes in deinen kurzfristigen Arbeitsspeicher vordringt. Wie oft hast du erlebt, dass bei Stress überhaupt nichts mehr funktioniert, und du das berühmte Brett vor dem Kopf hast. Ich denke dann manchmal: „Bin ich jetzt blöd geworden?“ dabei blockt lediglich das Ärgerhormon Cortisol mein Gedächtnis und lässt nichts durch.
Auch Lesen trainiert das Arbeitsgedächtnis. Das finde ich ganz wunderbar, denn es gehört zu meinen liebsten Beschäftigungen. Spielen ist ebenfalls ein Super-Gedächtnistraining, am besten mit anderen zusammen, denn die Kommunikation miteinander fördert die Funktion der Nervenzellen.
Etwas ganz Besonderes ist der Umgang mit Kindern. Sie wecken deine Lebensfreude und helfen dir, die Welt ganz neu zu entdecken. Das bringt dein Gehirn auf Hochtouren.
Ich habe mich aufgerafft und lerne Klavierspielen. Das wollte ich schon immer tun, doch ein Glaubenssatz „Was Hänschen nicht lernte, lernt Hans nimmermehr“ hatte mich bisher davon abgehalten. Es wird eine Weile dauern, bis sich Augen, Ohren, Hände und Gehirn im Einklang befinden. Bisher bin ich noch damit beschäftigt, die Knoten aus meinen Fingern zu lösen, doch es wird jeden Tag ein bisschen besser.
Mit Menschen zusammensein
Mit Menschen reden, echte soziale Kontakte fern von Facebook und Co. lässt die grauen Zellen Funken sprühen. Gespräche in der Familie, der Streit mit dem Partner, der Austausch mit Kollegen, das Treffen und die Begegnung mit Freunden oder Fremden ist Powerfutter für das Gehirn. Was sagt mir mein Gesprächspartner, wie ist seine Mimik und Gestik, wie tritt er auf, wie riecht er, alle diese Informationen lassen das Gehirn zur Hochform auflaufen.
Also, her mit den Menschen, denn sie tun uns rundherum gut. Und wenn sie nicht da sind, man allein ist? Dann geh auf sie zu, schubs dich selbst, zwing dich raus zu gehen. Such dir ein Ehrenamt. Kirche, soziale oder gemeinnützige Einrichtungen, Vereine, Chöre . . . suchen händeringend Unterstützung oder neue Mitglieder. Ein Plausch mit Nachbarn, Freunden oder Menschen, die du in Cafés, in Geschäften, beim Spazierengehen, im Museum oder sonst wo triffst, beleben deinen Geist. Leg die Zurückhaltung ab, nimm, wen du kriegen kannst. Es ist gut für ihn, sie und für dich.
Tanzt du gerne? Ich habe bei sweet sixty gelesen, dass Tanzschulen Kurse speziell für „Best Ager“ anbieten. Hier hast du gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe erwischt: Soziale Komponente, Musik, Spaß, Bewegung, Lernen und Fitness. Genial.
Nun bin ich grenzenlos beruhigt, dass ich den Alterungsprozess meines Gehirns nicht gänzlich tatenlos hinnehmen muss. Und eines haben alle Studien bestätigt: Trainieren, Üben und ständiger Neubeginn wirken sich positiv auf die Verknüpfung von Nervenzellen aus. Das geht bis hin zur Vergrößerung von Gehirnbereichen, wenn sie gefordert werden.
Zum Schluss noch die Erkenntniss der Altersforschung: Fang möglichst frühzeitig damit an, deinem Gehirn Gutes zu tun. Spätestens ab dem 50. Lebensjahr sollten wir die 5 Punkte regelmäßig in unseren Tagesplan einbauen. Und wenn sich damit Demenz oder Alzheimer nur ein paar Jahre nach hinten verschieben lassen, ist doch viel gewonnen.
Lass uns zusammen LEBEN – LIEBEN – LACHEN
und viele bunte Sachen machen
Elvira