Rituale Sonnenwende

Rituale? Schnee von gestern?

Igitt! Rituale – schon das Wort klingt altmodisch, verstaubt, formell, aber auch mystisch, exotisch, bedrohlich, geheimnisvoll, unheimlich, anziehend. Das Image des Rituals ist eine Katastrophe. Niemand will freiwillig was damit zu tun haben. Das erinnert mich ein wenig an den Besuch bei dieser berühmt-berüchtigten Fastfood-Burgerkette. Keiner geht hin, doch alle treffen sich dort.

Immer wieder, immer wieder, immer wieder

Rituale sind ständig wiederholte Handlungen und Abläufe, die sich ins Gehirn einbrennen und dort bei Bedarf automatisch abgerufen werden können. Sie entstanden aus religiösen bzw. kulturellen Gründen oder haben sich aus einer Gemeinschaft heraus entwickelt. Rituale tauchen im Jahresrhythmus auf, zu Festen und Feierlichkeiten, an der Grenze zu einem neuen Lebensabschnitt, in sozialen Beziehungen.

Rituale haben einen schlechten Ruf

Allgemein stehen sie für Starrheit, Unbeweglichkeit, Stillstand und am schlimmsten für die Demonstration von Macht, wenn nicht gar Machtmissbrauch. Wenn du sie nie hinterfragst und sie als gegeben hinnimmst, werden sie dich schwächen und zu einer Mitläuferin degradieren.

Sie engen deine persönlichen Freiheit ein, beschneiden deine Kreativität und wollen, dass du Sachen tust, die du eigentlich vermeiden willst. Sie spielen mit deinen Ängsten. Sie wissen um deinen Wunsch, zu einer Gruppe zu gehören. Das Fremde hat hier keinen Zutritt und muss draußen vor der Tür stehen bleiben.

Rituale sind ein zweischneidiges Schwert

Die heutige Zeit mit ihren ständigen Veränderungen verlangt von dir, dass du permanent auf dem Laufenden bist. Am Besten wäre es, wenn du dich täglich neu erfindest. Da geben dir Rituale Halt. Sie schaffen Struktur und Ordnung inmitten von Chaos und Hetzerei. Sie lassen dich innehalten und Luft holen. Mit der Macht der Gewohnheit widerstehst du Stress und Hektik.

Wenn du dich klein, einsam und allein fühlst, wenn du denkst, alles Leid der Welt lastet auf deinen zarten Schultern, dann ziehst du aus Ritualen Kraft. Sie lassen Menschen mit gleichen Gewohnheiten zusammenfinden, regeln ihr Miteinander, fördern das Wir-Gefühl und den Zusammenhalt. Auf diese Art schenken dir Rituale Geborgenheit und verleihen dir in schwierigen Lebenssituationen Stärke.

Die wundersame Welt der Rituale

Wir praktizieren sie seit Jahrhunderten und immer noch bleiben sie uns ein Rätsel, denn ihre Wirkweise lässt sich weder kontrollieren noch in Euro messen. Sie gehören in das Reich der Emotionen, Sinne, Gefühle und der Werte. Rituale sind voller Symbole, faszinieren und haben eine starke Sogwirkung. Sie entziehen sich dem Höher, Schneller, Weiter, dem Zahlen-, Daten- und Faktendenken.

Was wären wir ohne fest gefügte Rituale?

Ja, da wären wir um ein paar Erlebnisse und Erfahrungen ärmer. Taufe, Konfirmation, Junggesellenabschied, Hochzeit, Kindergarten- und Schulbeginn, Abifeier, Ausbildung, alles folgt einem festgelegten Ablauf.

Du findest, dass der Valentinstag reine Geldschneiderei ist und Muttertag eine Erfindung der Blumen- oder sonstwelcher Industrie? Trotzdem freust du dich über eine Aufmerksamkeit und bist traurig, wenn niemand an dich denkt.

Du glaubst weder an den Osterhasen noch an den Weihnachtsmann, doch dem Zauber dieser Feiertage kannst du dich kaum entziehen (und damit meine ich nicht den Zwangskaufrausch). Sie richten sich nach einem jahrtausendealtem Ritual, welches der Jahreskreislauf festgelegte.

Von wegen – Schnee von gestern

Kinder lieben Rituale, denn daraus lernen sie. Nochmal, nochmal, nochmal und wehe, du veränderst etwas, dann hagelt es Empörungsrufe. Auch das Zubettgehen folgt einem bestimmten Ablauf und nimmt dem Kind die Angst vor der Dunkelheit und dem Einschlafen.

Meine morgendliche Aufwachzeremonie hat rituellen Charakter. Es ist der immer gleiche Trott. Wecker mit Musik, ein Auge öffnen, schließen, gleiche Prozedur mit dem anderen Auge, dann mit beiden. Wegtauchen. Die Augenzeremonie nochmal von vorn. Aufstehen, ins Bad wanken, Anziehen, sportliche Betätigung, Frühstücken. Das Ganze führe ich durch ohne meinen Denkapparat einzuschalten. Den knipse ich erst gegen 9.00 Uhr an. Und wie ist das bei dir?

Mittsommer – ein Fest voller Rituale

Am 21. Juni ist es wieder soweit. Die Sommersonnenwende ist in Schweden nach Weihnachten das größte und wichtigste Fest. Feiere doch auch mal den längsten Tag des Jahres. Er markiert einen Wendepunkt im Kalender, denn danach geht es mit dem Licht wieder abwärts in die Dunkelheit. Die Natur hat ihren Höhepunkt erreicht. Überall wächst, blüht und reift es.

Mittsommer – Rückblick auf das erste Halbjahr

Was hast du erlebt?
Was hat dir Freude gemacht?
Was lief planmäßig wie gewünscht?
Was willst du in der 2. Jahreshälfte erreichen?
Was möchtest du loslassen?
Das sind einige der Fragen, die du dir stellen kannst.

Dann ist die Zeit ideal, mal deine Löffelliste hervorzukramen und zu überlegen, was du davon verwirklichen, was du streichen willst und welche neuen Wünsche dazu kommen.Du hast noch keine, dann schreibe sie heute. Hier ist meine Wunschliste.

Mittsommer, die Zeit von Feuer, Licht, Wärme und weißen Nächten

In vielen Orten wird abends ein Sonnenwendfeuer angezündet, gegessen, getrunken, getanzt. Nimm daran teil, lerne andere Menschen kennen und feiere in großer Runde. Du magst lieber allein mit deinen Gedanken bleiben, dann zünde zumindest eine Kerze für dich an, damit der Abend einen besonderen Charakter bekommt.

Meine Mittsommernacht

ist die Zeit, wo Feen und Elfen erwachen und die Geister der Nacht ihr Unwesen treiben. Es ist die Zeit der Liebenden, der Träumerei und Tändelei.
Zusammen mit Thomas werde ich auf Lieblingsspazierwegen wandeln und einen großen Kräuterstrauß pflücken. Danach werden wir schmausen und viele verrückte Pläne für das nächste halbe Jahr machen. Gäbe es dann noch ein Feuerchen, über das ich um Mitternacht springen und einen Herzenswunsch zum Himmel schicken könnte, wäre das zu schön. Hmm – gäbe, könnte, wäre? Wie blöd ist das denn?
Ich wünsche mir jetzt, dass es ein Sonnenwendfeuer gibt.

Hast du bestimmte Rituale und was machst du zur Mittsommernacht? Jetzt bin ich aber mal neugierig auf deinen Kommentar.

Lass uns zusammen Leben – Lieben – Lachen
verrückte Pläne und einen Sprung über das Feuer machen

Elvira

Ein Kommentar, sei der nächste!

  1. Wie schön, dass es Rituale gibt !
    Schaffen sie nicht ein Stück Ordnung in unserem Leben?
    Besteht nicht unsere Schöpfung nur aus Ritualen – was denkst Du, wenn es anders wäre und der Mensch darin herumpfuschen könnte?
    Aber in unsrem Alltag- wer würde das bestreiten, haben wir noch viele Möglichkeiten, Rituale auszuschmücken, in viele Farben zu gleiten, verbissen für etwas Besserwissen zu streiten und dann sich wieder einmal loszulassen und in eine Welt des Individuellen einzutauchen und auch neues zu suchen.
    Ich jedenfalls bin erst einmal froh, wenn morgens pünktlich das Frühstück auf den Tisch steht, mich meine Zeitungsfrau nicht versetzt hat, und dann ein festes Tagesprogramm abgearbeitet werden kann.
    Altmodisch? – Nein!!
    Mir bleibt viel Zeit und Ratio, nach rechts und links zu schauen und viel Neues zu entdecken – Pläne zu machen und hin und wieder auch ein bisschen zu träumen .
    Kurzum: wie e so ist, ist es gut!!!

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