Wer bin ICH?

„Was bin ich? fragten Robert Lemkes Kandidaten in der Sendung gleichen Namens und damit begann das heitere Beruferaten. „Wer bin ich?“ schwirrte mir in letzter Zeit durch den Kopf. Muss ich mit 50 plus noch darüber rätseln oder mich selbst suchen?

Verwirrende Suche nach dem ICH

Ich gestehe, was man da so alles liest und hört, ist ganz schön verwirrend und hilft nicht bei der Beantwortung dieser Frage. Ich habe das Gefühl, dass ich mich bei der Suche nach meinem ICH ständig im Kreis drehe und nie ankomme. Wenn ich dann von Menschen höre, die sich zu einer Sache berufen fühlten, oder die einen Traum hatten und plötzlich ganz genau wußten was sie wollten, kommt bei mir der Gedanke auf: „Und du? Du eierst hier vor dich hin. In der 2. Lebenshälfte solltest du endlich wissen, was du willst und wer du bist.“ Dabei kommt das Selbstbewusstsein manchmal ganz schön unter die Räder.

Die Ansprüche der Anderen

Jetzt entscheide dich, wer und was du sein willst. Konzentriere dich, fokussiere dich, entscheide dich, so lauten die Forderungen. Schreite zielgerichtet auf deinem Lebensweg voran. Sei mit Leidenschaft bei deiner Arbeit. Wie soll ich so viele Ansprüche erfüllen? Da vergeht mir doch gleich die Lust, überhaupt anzufangen. Mal ehrlich, lässt du dich von diesen Empfehlungen, Ratschlägen und Weisheiten auch hin und wieder runterziehen?

Damit wir uns richtig verstehen, ich bewundere Menschen, die genau wissen, was sie wollen und dann los ziehen und genau das tun, was sie sich vorgenommen haben. Menschen, die weder nach links noch rechts sehen, die alles ihrer einzigartigen Bestimmung unterordnen. Doch in diese Bewunderung schleicht sich Mitleid ein. Nur noch nach Plan handeln, sich mit den richtigen Menschen umgeben und Alles oder Alle, die da nicht hinein passen aussortieren. Wie schnell steckt man in einer Schublade, aus der es kein Entrinnen gibt.

Wer bin ich?

In den Jahren der Jugend und Reifezeit sind wir ständig unterwegs und auf der Suche, schauen neidisch auf Andere, grübeln nächtelang, lesen halbe Bibliotheken, um zu unserem Wesenskern vorzudringen. Wir studieren, probieren, verwerfen, erfinden uns neu. Zweifel und Fragen stellen sich ein. Bin ich gut genug? Oh, da geht noch was. Ich muss perfekter werden. Frau XY schafft spielend Familie, Beruf, Ehrenämter, Hobbys und sieht dabei immer wie aus dem Ei gepellt aus.
Bin ich zu etwas berufen und wenn ja, zu was? Ich bin sicher, da gab es in der Vergangenheit reichlich seltsame Gedankengänge.

Wer bin ich?

Das ist eine äußerst komplizierte Frage und schwer zu beantworten. Es kommt auf die Perspektive an.

Du selbst wirst dich anders sehen und beurteilen als dein Gegenüber, deine Mitmenschen. Während du dem Einen als streng und verschlossen erscheinst, bezeichnet dich die Andere als liebevoll und lustig. Die Äußerungen haben eine Spannweite von der arroganten Zicke bis hin zum helfenden Engel.

In dir selbst streiten sich deine Mitbewohner und flüstern dir alle möglichen Verhaltensmaßnahmen ein: Vernunft gegen Spaß, Optimist gegen Pessimist, Gelassenheit gegen Unternehmungslust, Ärger gegen Freude. Dein innerer Kritiker ist wieder besonders penibel und streitlustig. Das Kind in dir ist liebebedürftig und will in den Arm genommen werden. Ein Teil will Freiheit, der Andere eine Beziehung. Da schwärmt die Träumerin und verliert sich in Luftschlössern, während die Prinzessin ihren Prinzen sucht und das Mauerblümchen Anerkennung und Erfolg. Wie immer durchkreuzt das Rumpelstilzchen sämtliche Pläne und macht sich über alle zusammen lustig.

Wer bin ich?

Ab 50plus hast du bereits so viel Leben gelebt, deine Frau in Alltag, Beruf und Familie gestanden, so viel begonnen und wieder verworfen, bist so vielen Trends hinterher gelaufen, gestürzt und wieder aufgestanden, so viele Wege, Umwege und falsche Abzweigungen gegangen, dass du nun in der 2. Lebenshälfte auf diese geballten Erfahrungen aufbauen kannst.

Im Grunde deines Herzens weißt du spätestens in der Lebensmitte genau, wer du bist, wie du tickst, was du willst. Alles was du gelernt, alles was du getan und womit du dich beschäftigt hast, diese bunte Mischung gelebtes Leben fügt sich nun zusammen. Aus unzähligen Farben und Mustern ist das Bild deines einzigartigen unverwechselbaren ICHs entstanden, dein Lebensteppich. Die Suche ist beendet.

Frau 50plus
Muss ich als Frau 50plus nach mir selbst suchen?

Was kann ich alles noch werden

Wir haben unseren festen Stand, unseren Platz im Leben gefunden. Die Basis gelegt. Die Vergangenheit können wir nicht ändern, nur daraus lernen, doch das Leben findet heute und morgen statt. In der Lebensmitte stellt sich nicht mehr die Frage: „Wer bin ich?“ Nun sollte sie lauten: „Was kann ich noch alles in der verbleibenden Zeit meines Lebens werden? Was kann ich lernen? Wo mich einbringen mit meinen Fähigkeiten und Talenten?“

Das bunte Bild deines Lebens

Stell dir dein Leben als großes Panoramagemälde vor. Alle deine faszinierenden vielfältigen ICHs sind darauf abgebildet. Besorge dir nun Pinsel und bunte Farben, Gold und Silber, Glitzersternchen und Schimmerglanz. Überlege: Wo willst du was verändern? Was willst du behalten, was loslassen?

Und dann beginne! Nach Herzenslust darfst du Verzierungen anbringen, hervorheben, retuschieren und übermalen. Vielleicht möchtest du sogar einen ganz neuen Teil hinzufügen? Dann ran an die ersten Skizzen und Entwürfe. Mach deine 2. Lebenshälfte zur Besten und vertraue darauf, dass nur Gutes in dein Leben kommt und alles, was du brauchst zur richtigen Zeit vorhanden ist.

Was hast du vor in deiner 2. Lebenshälfte? Und wenn du dort bereits einige Zeit unterwegs bist, welche Änderungen haben sich ergeben, was ist neu, was hast du losgelassen. Ich bin neugierig und freue mich über deinen Kommentar, denn daraus können wir alle lernen. Danke.

Lass uns zusammen LEBEN – LIEBEN – LACHEN
und die 2. Lebenshälfte zur Besten machen

Deine Elvira

5 Kommentare, sei der nächste!

  1. Vielen Dank, liebe Elvira, für den schönen Artikel. 

    Ich gehöre zu denen, die gerade „auf die 50 zustöckeln“. Mein Leben hatte sich irgendwie etwas festgefahren. Besonders der Job erfüllte mich definitiv nicht. 
    Das Gefühl, da will doch noch irgendetwas anders gelebt werden, etwas das wirklich zu mir passt, das ich bin, dieses Gefühl wurde immer stärker. 

    So habe ich mich auf den Weg gemacht, um meinen Traum zu finden. Ein Weg, der mich durch tiefe Täler und über große Höhen führt, mal breit, mal fast unkenntlich, aber immer mehr zu mir führend. 
    Und mir wurde immer klarer, zusammen mit anderen geht es viel besser. Wir können soviel voneinander lernen und uns gegenseitig inspirieren.

    So habe ich – nicht wenig inspiriert von Deinem wunderbaren Blog – gerade ganz frisch meinen ersten Blog erstellt:

    Es ist ein Mut-Mach-Blog für alle, die ihre Träume leben wollen. 

    Ob es große Träume sind oder kleine, egal, wie verrückt – ich glaube, wir sollten sie ernst nehmen, denn sie führen uns zu uns zu der, die wir sind. Und das tut Leib und Seele wohl.

    Mit herzlichen Grüßen und 1000 Dank für die Inspiration, 

    Barbara 

    1. Ach, liebe Barbara, wie wundervoll, dass du durch mein Blog ein wenig inspiriert wurdest. Es ist immer schön, seinen Träumen zu folgen und sie in die Wirklichkeit, auf die Erde zu holen.

      Jetzt schaue ich mal in dein Blog

      Ganz liebe Grüße
      Elvira

  2. Ich lese immer sehr aufmerksam Deine Worte, liebe Elvira.
    Schön, dass Du im Schreiben Deine Berufung gefunden hast.
    Auch ich bin schon eine Zeitlang in der 2. Lebenshälfte und habe so meine Erfahrungen gesammelt und in der 1. Lebenshälfte auch recht erfolgreich mit Freunden mein Leben gestaltet… Leider werden mit all den Jahren die Freunde, ganz gleich aus welchen Gründen , immer weniger, oft sind es Menschen, auf die man gebaut und auch vertraut hat.
    Meine Erkenntnisse: Das Leben besteht aus Veränderungen, die trotz oft tiefer Enttäuschungen, ihren Sinn haben. Versuchen wir lieber, immer das Positive daraus zu erkennen.
    Ich wünsche Dir weiterhin so tolle Erlebnisse, besonders mit Deiner Familie, liebe Elvira!!!

  3. Liebe Elvira,

    ich würde mir die Frage „Wer bin ich?“ nie so stellen, weil ich glaube, wir verändern uns mit jeder Sekunde – unser ganzes Leben lang.

    Alle Eindrücke, alle Sinne und Gefühle, selbst Träume im Schlaf beinflussen und verändern uns. So kann man höchstens die Frage stellen „Wer bin ich gerade in diesem Moment?“

    Somit können sich auch Vorhaben jederzeit ändern (können – nicht müssen) – zumindest bei mir …..

    Herzlichst – Inge

    P.S.: Die Sendung hieß übrigens „Was bin ich“ 😉

    1. Liebe Inge,

      da stimme ich dir voll und ganz zu, was die Veränderung betrifft. Trotz allem denke ich, dass aus allen Eindrücken, die uns der Moment gibt, mit der Zeit Trampelpfade und letztendlich Wege werden.

      Ja, und wie schön, dass du jederzeit Vorhaben ändern kannst, flexibel auf die Ansprüche deines Lebens reagierst. Und mit dem Titel der Sendung gebe ich dir voll und ganz Recht. Ich ändere das gleich mal. Ist aber auch schon so lange her.

      Ganz liebe Grüße
      Elvira

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert