Urlaubszeit – Glück und Freude ohne Ende oder?

Jetzt ist Ferienzeit. Urlaubszeit. Zeit in Hülle und Fülle, um sie mit dem Partner, den Kindern, Freunden oder allein zu verbringen. Eine Menge freie Zeit liegt vor uns. Endlich kannst du aus dem Vollen schöpfen, kannst Tun und Lassen, was du willst. Niemand da, der dir Vorschriften macht, niemand da, der über deine Zeit bestimmen will. Frei von Zwängen, darfst du dir deine Zeit einteilen, darfst abwägen, was dir gut bekommt oder nicht.

Gemeinsame Urlaubszeit – da fängt der Ärger schon an

Nun wirst du mir sagen, so einfach ist das nicht, denn selbst im Urlaub gibt es ein Umfeld, sind da Menschen. Urlaubszeit ist der reinste Stress. Fährst du weg, sind bereits im Vorfeld viele Wünsche zu berücksichtigen: Soll es an die See oder in die Berge gehen, zieht es einen in die weite Welt oder mag man lieber in Deutschland oder gar zuhause bleiben. Die kostbarsten Wochen des Jahres dürfen ja nicht vom Zufall geprägt sein. Da wird bereits im Vorfeld wochenlang nach dem schönsten Ort, der besten Unterkunft, dem tollsten Erlebnisprogramm gesucht und das alles möglichst zum günstigsten Preis. Da wird geplant, organisiert und strukturiert. Da werden die Erwartungen hoch und noch höher geschraubt, denn Urlaubszeit ist kostbar. Verwirklichen sie sich dann nicht, sind Streitigkeiten und Ärger vorprogrammiert.

Tipp:

Bereits im Vorfeld mit allen Beteiligten absprechen, wohin die Reise gehen soll.
Die Bedürfnisse der Anderen berücksichtigen und die Eigenen nicht aus den Augen verlieren.
Sollte es in Bezug auf das Urlaubsziel keinen Konsens geben, will sie in die Berge und er an die See, dann ist es sehr ratsam, genaue Vereinbarungen auf lange Zeit zu treffen und z.B. das Urlaubsziel jährlich zu wechseln oder die Urlaubszeit aufteilen: Eine Woche Vergnügen beim allein-unterwegs-sein und zwei Wochen zusammen, vielleicht dahin, wo die Berge auf das Meer treffen. So schlägt man zwei Fliegen mit einer Klappe.

Da ein weiterer Top-Streitigkeitspunkt das liebe Geld ist, ist es am besten, die Höhe der gemeinsamen Urlaubskasse festzusetzen und, so blöd das jetzt klingt, daraus das täglich zur Verfügung stehende Budget zu errechnen. Ich möchte keine Spaßbremse sein, doch es urlaubt sich leichter mit diesem Wissen.

Urlaubszeit – Bewährungsprobe für das Nervenkostüm

Neue Kraft schöpfen, sorglos sein, Glücksgefühle, Freiheit spüren, pure Wonne, auf Wolke 7 schweben, so die jährlich wiederkehrenden Vorstellungen für diese 2 bis 3 schönsten Wochen des Jahres oder gekürzt: Friede, Freude, Eierkuchen.

Spätestens auf der Fahrt stellt sich Ernüchterung ein. Mit dir wollen Tausende anderer Menschen möglichst schnell an den Ort ihrer Träume kommen. Die Hoffnung, dass es dieses Jahr ganz anders ist, zerplatzt wie eine Seifenblase. Den ersten Stau nimmt man noch lässig hin, beim Nächsten reagiert man gereizt und der Dritte kratzt bereits erheblich am Nervenkostüm. Pause? Ist was für Weicheier. Wir fahren durch, lautet die Parole, schließlich hat man bereits wertvolle Zeit verloren. Mit der Ankunft im Urlaubsdomizil liegen dann bei allen Beteiligten die Nerven blank. Ein schöner Urlaubsbeginn ist das. Fehlt dann beim Essen noch das Salz an der Suppe oder der Käfer krabbelt durch das Zimmer, ist die Laune endgültig im Keller und es ist schwer, sie da wieder herauszuholen.

Tipp:

Obwohl es dir wie Verschwendung vorkommt, den ersten Urlaubstag noch zuhause zu verbringen, probiere es trotzdem mal aus. Es macht wenig Sinn, auf gepackten Koffern zu sitzen, um gleich nach der Arbeit zu starten.
Geh gut mit dir um, fahr langsam vom Arbeits- in den Urlaubsmodus und plane genügend Pausen auf der Fahrt ein. Fahr dem Stau hinterher, will heißen, starte zu einer untypischen Zeit. Niemand schreibt dir vor, dass du um 17.00 Uhr dein Ziel erreicht haben musst. Urlaub kann schon links und rechts der Autobahn beginnen, da gibt es viel zu entdecken.

Akklimatisieren heißt das Zauberwort, wenn du dein Urlaubsziel erreicht hast. Nicht sofort mit Aktivitäten loslegen sondern langsam auf die Gegebenheiten einstimmen. Wir haben uns früher im Familienurlaub am Ziel drei Tage Zeit gegeben, um im Urlaub anzukommen, gelesen, geschlafen, abwechselnd die Kinder bespaßt und den Radius unserer Erkundungen immer mehr vergrößert.

Ich halte es nicht aus, 24 Stunden Zusammensein am Tag, 2 Wochen lang

Die Erkenntnis, dass Urlaub „Zusammensein unter extremsten Bedingungen“ ist, ist altbekannt. 24 Stunden Miteinander, 24 Stunden Nähe, da prallen Welten, Ansichten und Meinungen aufeinander, öffnen sich lange Zeit versteckte Abgründe. Probleme, die im gewohnten Alltag aufgrund von Zeitmangel oftmals unter den Tisch gekehrt werden, werden im Urlaub wieder ganz frisch serviert. Und das Argument: „Ich muss schnell weg, wir besprechen das nachher“, zieht nicht. Vorbei ist die Zeit des Versteckens hinter Beruf, Hobby, Fernsehen oder Geselligkeit. Vorbei die Zeit des Weglaufens. Gerade noch voller guter Gefühle und hoher Erwartungen in den Urlaub gestartet, trennt sich danach angeblich jedes 3 Paar bzw. reicht die Scheidung ein.

Tipp:

Vermeide ein Aufeinanderhocken und Zusammenkleben. Wer schreibt vor, dass man im Urlaub alles gemeinsam tun muss, vor allem, wenn verschiedene Interessen vorhanden sind: Sie möchte sich sportlich verausgaben, er interessiert sich für Kunst und Kultur. Niemand verlangt von dir, dass du wegen Urlaub vom freiheitsliebenden Menschen zum Klammeraffen mutierst.

Gestaltet mal ein buntes Urlaubsprogramm: Vermeide den Nahkampf. Gönne dir Auszeiten, um allein deinen Vorlieben zu frönen. Genieße sie.
Nimm deinen Partner mit und zeige ihm, warum du so viel Spaß an sportlichen Aktivitäten, Kunst oder anderem hast. Und der Andere unterlässt dabei das Nörgeln! Am nächsten Tag geht es umgekehrt.
An einem anderen Tag kann man gemeinsam was unternehmen, was beide noch nie getan haben.
Und immer wieder Ruhe- und Entspannungsphasen, Nichtstun, Freiräume einplanen.

Gerade losgefahren tönt es aus dem Hinterhalt: „Wann sind wir endlich da?“

Es sind die lieben Kleinen, die sich da bemerkbar machen. Sie erhöhen das Streitpotenzial der Eltern auf den Vordersitzen um ein Vielfaches und wissen genau, welche Knöpfe sie drücken müssen, damit ihre Erziehungsberechtigten so richtig aufeinander los gehen. Hat sich Mann bisher aus Zeitmangel größtenteils aus der Erziehung herausgehalten, soll im Urlaub alles nachgeholt werden.

Zu den Paarauseinandersetzungen kommen dann noch verschiedene Erziehungsansätze hinzu. Das Ende ist oftmals das totale Chaos, bei dem niemand mehr so richtig durchblickt. Dabei sollte es doch so schön werden und nun? Die Stimmung ist gereizt, es hagelt gegenseitige Vorwürfe und aufgestaute Probleme und Enttäuschungen entladen sich plötzlich wie Blitz und Donner. Zurück bleiben statt wundervoller Urlaubserinnerungen zerdeppertes Geschirr.

Tipp:

Im Vorfeld haben wir mit unseren 3 Kindern Fixpunkte abgesprochen, z.B. jeden Tag gibt es für jeden ein Eis zum Preis X und sie dürfen selbst entscheiden, wann sie es wollen.
Es gibt Urlaubsgeld (= erhöhtes Taschengeld).
Es gibt Kinder- und Erwachsenenbestimmungstage, d.h. wer an der Reihe ist, darf das Tagesprogramm bestimmen und fröhlich oder zähneknirschend nehmen die Anderen daran teil.

Das Allerwichtigste ist ein ausgeklügeltes Regelwerk, welches lautet:
Grundregel Nr. 1 – im Urlaub wird nicht erzogen
Grundregel Nr. 2 – im Urlaub wird nicht erzogen
Grundregel Nr. 3 – im Urlaub wird nicht erzogen

Damit haben wir nach dem ersten Krisenurlaub gemeinsam mit Kindern 18 Jahre wunderbare Ferien zusammen verbracht und heute sind wir immer noch mindestens einmal im Jahr als Familiengruppe unterwegs.

Zwei Menschen entdecken gemeinsam das zukünftige Gute

Und auch Urlaubsreisen im Alter sind nicht immer eitel Sonnenschein. Nachdem die Kinder aus dem Haus sind, kann endlich die lang ersehnte Zweisamkeit gelebt werden und man sich als Paar neu entdecken, so der Gedanke. Voller Vorfreude startet man quasi in die zweiten Flitterwochen und entdeckt entsetzt, dass Schweigen bereits seit langer Zeit das Zusammensein beherrscht. Man hat sich aus den Augen verloren, trotz der Nähe zueinander. Man fühlt sich einsam, trotzdem der Partner nebenan sitzt, steht oder geht.

Tipp:

Krisen kommen nicht plötzlich angeflogen, nur weil Urlaub ist. Sie sind bereits zuhause vorhanden und beide Partner wissen es, wenn sie ehrlich sich selbst gegenüber sind. Was tun? Da ist guter Rat teuer. Wie wäre es mit einem Abenteuerurlaub unter dem Motto „Die Entdeckung meines unbekannten Partners“?

Die Beziehung zueinander steht dann im Vordergrund. Die Urlaubszeit nutzen, um von sich zu erzählen, seinen Gefühlen, Gedanken, Wünschen Ausdruck verleihen. Zurückzublicken in die Vergangenheit und wahrnehmen, was man an seinem Liebsten so wunderbar fand, was auf dem gemeinsamen Weg schief gelaufen ist und was wir daraus für die Zukunft lernen und umsetzen wollen.

Romantik, Sternstunden und Zärtlichkeiten gehören natürlich mit ins Programm. Kritik und Vorwürfe bleiben außen vor – Explosionsgefahr. Nur der Moment zählt. Noch ist er zerbrechlich, doch mit jedem Gespräch, jedem Zusammensein wird er stabiler. So kann Urlaub zu einem ersten zaghaften Neuanfang werden, der im Alltag fortgeführt werden sollte.

Der erste Urlaub als Witwe

Und wie steht es mit Urlaub, wenn sich unerwartet die Voraussetzungen geändert haben. Wenn man plötzlich allein da steht, entweder durch Trennung oder weil der Tod dazwischen gefunkt hat. Wenn man sich am liebsten verkriechen möchte, statt hinaus in die Welt zu fahren. Hat man bisher voller Freude und Entdeckerlust gemeinsam den Urlaub genossen, fehlt nun ein Teil. Es kostet Überwindung und jede Menge Selbstvertrauen, sich trotz dieses Schicksalsschlags wieder in das Leben, in andere Gefilde hinaus zu wagen, allein unterwegs zu sein, seinen eigenen Weg weiterzugehen.

Tipp:

Warte nicht, bis du irgendjemand findest, der dich aus Freundschaft, aus Mitleid, aus was weiß ich für Gründen begleitet auf deiner ersten „Reise danach“. Ich spreche aus Erfahrung und weiß, dass es eine der schwersten Übungen ist, sie aber auch die größte Auswirkung auf den Umgang mit meiner Trauer hatte.

Allein unterwegs nur mit mir selbst kann man nicht vergleichen mit allein unterwegs während der Partner zuhause sitzt. Es ist ganz ganz anders. Erst wollte ich nicht, dann war es ein vorbeiziehender Gedanke, den ich festgehalten habe und den meine Kinder mit ihrem Zuspruch genährt haben.

Ich habe mir ein Ziel ausgesucht, welches ich in 4 Stunden mit dem Auto erreichen konnte und dort kleine, persönlich geführte Hotels ausgewählt. Noch nie habe ich so sorgfältig geplant. Noch nie so viel Angst vor Urlaub gehabt. Doch wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Meine Kinder haben mir jeden Tag Mut gemacht: „Mama fahr, mach es, trau dich, es wird bestimmt schön, und wenn du gar nicht damit klar kommst, setz dich ins Auto und komm zurück. Es ist doch nicht weit.“

Die Reise auf der gotischen Backsteinstraße war erlebnis- und tränenreich, stellte Fragen und lieferte Antworten, ließ mich einsam umherschleichen und viele nette Menschen kennenlernen, führte mich letztendlich aus der Dunkelheit zurück ans Licht. „Mach es, trau dich“, sagten einst meine Kinder.
„Mach es, trau dich“, sage ich heute, falls du betroffen bist und noch überlegst. Es ist äußerst empfehlenswert.

Nun wünsche ich Allen, die in Urlaub fahren, dass es die beste und schönste Zeit des Jahres wird. Und denen, die zuhause bleiben? Schaut euch die Heimat mit Touristenaugen an. Ich verspreche, das ist sehens- und erlebenswert. Das Gute liegt so nah, man bemerkt es nur nicht.

Und wie geht es dir mit der schönsten Zeit des Jahres?

Lass uns zusammen Leben – Lieben – Lachen
und Urlaub allein, mit Partner oder in der Gruppe machen

Deine Elvira

4 Kommentare, sei der nächste!

  1. Liebe Elvira,
    vielen Dank für Deinen schönen Blog, den ich heute entdeckt habe. Es bringt Spaß, von Dir zu lesen und berührt mich sehr.

    Auch ich bin 56 Jahre alt, Mutter, Oma, Witwe und habe viel Auf und Ab erlebt. Dabei denke ich wie Du meistens positiv. Ich freu mich darauf, etwas an Deinem Leben teilzuhaben.

    Viel Spaß mit Deiner Enkelin in „Balkonien“,
    liebe Grüße
    Katrin

  2. Hallo Elvira, Dein heutiger Beitrag ist wieder mal so passend 😉 Wir haben auch, als die Kinder noch mitfuhren, manches Gute und auch manches nachteilige erlebt. Es änderte sich auch mit dem Alter der Kinder. Aber mit vernünftiger Einsicht auf beiden Seiten lässt sich das alles regeln. Im Moment sind wir in der Situation zu zweit zu fahren, und das klappt ganz gut, da wir die gleichen Vorlieben haben was das Urlaubsziel angeht. Ich wünsche Dir, falls Du in Urlaub gehst eine schöne Zeit, Du machst ds schon 😉 <3

    1. Ja, liebe Leni, Urlaub kann so schön sein, wenn man bereit ist, jede Minute so zu nehmen wie sie ist.
      Danke für deine guten Wünsche, mein Urlaub beginnt nächste Woche in Gardenien und Balkonien mit meiner kleinen Enkelin erkunden wir das heimische Umfeld.

      Herzliche Grüße
      aus dem Sonnenschein Nordhessen
      Elvira

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