Ist Geduld eigentlich eine Stärke oder Schwäche?

Geduld ist immer ein sehr persönliches Maß. An welchem Punkt reißt die Geduldsschnur? Wann ist es vorbei mit der Selbstbeherrschung? Ist Geduld nun eine Stärke oder kann sie sogar als Schwäche ausgelegt werden im Sinne von Langsamkeit? Und dann noch die Frage, ob ich jeden Tag gleich geduldig bin oder ob es da Unterschiede gibt?

Die Natur lehrt uns Geduld zu haben

Meteorologisch hat das Frühjahr begonnen. Leider unterstützen nur die Piepmätze diese Vorgabe durch ihr fröhlich lautes Gezwitscher, sonst ist da draußen alles noch ziemlich trostlos. Gut, Schneeglöckchen und Christrosen trotzen den kalten Temperaturen.

Manchmal, wenn die Sonne ihre wärmenden Strahlen schickt, würde ich am liebsten hinausrennen und an jeder grünen Pflanzenspitze, die die Erde durchbricht, ziehen, damit sie schneller groß wird. Mein Hunger nach bunten Blüten und grünem Gras, nach Erneuerung, nach Wachsen und Gedeihen lässt mich ungeduldig werden. Nur mein Wissen, dass ich den Lauf der Natur durch mein Zupfen nicht beschleunigen kann, hält mich davon ab. Ich muss Geduld haben.

Kinder lehren uns, Geduld zu haben

Andere Situation. Dein Kind, bei mir ist es das Enkelkind, muss in die Schule und du zur Arbeit. Das anscheinend fehlende Zeitgefühl und die Bummelei des kleinen Menschen geht dir gehörig auf die Nerven. Die Uhr tickt, der Zeiger geht erbarmungslos weiter. Du wirst hektisch. Es schleichen sich kleine Fehler in deine morgendliche Routine. Chaos bricht aus.

Natürlich schaffst du alles, doch du fühlst dich ausgelaugt. Deine Energie und Laune ist auf den Nullpunkt, und es liegt noch der ganze Tag vor dir. Du weißt, hättest du dir 5 Minuten Zeit gegeben um zurückzutreten, tief durchzuatmen und den Hebel wieder auf Start zu stellen, wäre es besser gelaufen. Die Lösung für dieses Dilemma heißt, Geduld zu haben.

Geduld ist das Einzige, das man verlieren kann, ohne es zu besitzen (Georg Christoph Lichtenberg)

Geduld und Ungeduld ergänzen einander

Der Gegenpol der Geduld ist die Ungeduld. Ein arg strapazierter Begriff. Besonders in Bewerbungen kommt sie unter der Rubrik der „persönlichen Schwächen“ an erster Stelle, schließlich sollte man sein Wesen von allen Seiten beleuchten und wer ist schon perfekt. Schließe mal die Augen und lass den Begriff Ungeduld an dir vorüberziehen. Was assoziierst du? Mir fiel als Erstes Nervosität, Unruhe, Hektik, Drängeln ein. Alles keine wünschenswerten Eigenschaften.

Was bezweckt ein Bewerber also damit? Ganz einfach: Mit dieser seiner Schwäche weist er auf seine größte Stärke hin. Wenn Jemand nicht warten kann oder will, ist er sicher ein Mensch voller Power, dem die Entschlusskraft und Entscheidungsstärke bereits in die Wiege gelegt wurde. Ein Mensch, der handelt, der keine Ausreden zulässt. Kurzum: Ungeduld ist eine wesentliche Voraussetzung für Erfolg und damit eine absolut wünschenswerte Eigenschaft. Dann wäre doch die logische Schlussfolgerung, dass es sich bei der Ungeduld um eine Tugend handelt und Geduld im Bereich Schwäche angesiedelt ist.

Schnell, schnell und sofort überfordert uns Menschen auf Dauer

Logisch, dass Geduld gerade mächtig out ist. Wer will sich schon mit einem derartigen Laster schmücken. Außerdem wollen wir am liebsten alles sofort haben. Nicht warten können ist besonders im Zeitalter der digitalen Medien, online-Bestellungen mit Lieferung am nächsten Tag (und teilweise auch schon früher) weit verbreitet. Beta-Versionen, Halbfertiges, Dahingeschludertes sind an der Tagesordnung.

Wir wollen Vieles auf einmal und überfordern uns. Nehmen wir mal die ganzen Neujahrsvorsätze. Mal ehrlich, ist noch ein einziger davon bei dir vorhanden? Bestimmt haben sie sich inzwischen in Luft aufgelöst. Zurückgeblieben ist der Frust.

Und jetzt ist Passionszeit. Viele Menschen fasten oder verzichten auf irgendwas. Sinnvoll wäre, sich auf eine Sache zu konzentrieren. Doch oft lese ich von umfangreichen Projekten. Es genügt nicht, nur den Alkohol wegzulassen, nein, besser auch gleich die Süßigkeiten, den Kaffee und vielleicht noch die bösen Kohlehydrate. Natürlich erhöht sich damit die Gefahr, zwischendurch mal schwach zu werden. Sei geduldig mit deinen Fehlern und mit dir selbst. Registriere deine „Unzulänglichkeiten“, was dir Schwierigkeiten bereitet, lerne daraus und dann gehe weiter.

Sei geduldig mit dir bei den Korrekturen deines Lebensweges

„7 Wochen ohne sofort“, hieß mal eine Fastenaktion der ev. Kirche. Unser Leben ist geprägt von Schnelligkeit und Hektik. Alles muss gleich passieren und oft tust du Sachen, die du hinterher bereust. Ach hättest du doch wenigstens eine Minute darüber nachgedacht, hättest du anders entschieden. Manchmal stellst du erst nach Jahren fest, dass eine schnell getroffene Entscheidung falsch war. Dann brauchst du Geduld mit dir selbst, den Mut zur Korrektur sowie die Gelassenheit, deinen eingeschlagenen Weg zurückzugehen und neu anzufangen.

Ein jegliches hat seine Zeit, und alles Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde (Prediger 3, Vers 1)

Nicht nur in der Fastenzeit, sondern das ganze Jahr über brauchst du immer wieder eine Portion Geduld. Jeden Tag wieder wird sie auf den Prüfstand gestellt. Bist du ausgeruht, gut drauf, gelingt es dir leichter geduldig zu sein. Bist du mit dem linken Fuß aufgestanden oder selbst spät dran, reißt der Geduldsfaden sehr schnell.

Überall erreichbar und nirgends wirklich anwesend

Oft bist du so überladen mit Aufgaben, Entscheidungen, Wichtigem und Dringendem, dass du nur noch reagierst. Die Schnelligkeit im Alltag und Berufsleben, der ständige Gebrauch digitaler Medien, der Druck des immer und überall Erreichbarseins und tausend Informationen, die in Millisekunden auf dich einströmen, saugen Energie und Lebenskraft aus dir heraus.

Die Fähigkeit zu warten, abzuwarten, den Dingen mal einfach seinen Lauf lassen und sehen, was geschieht macht eine Außerirdische aus dir. Sowas tut man nicht! Geduld steigert deine Konzentration und gleichzeitig bist du unheimlich entspannt. Insofern hat Geduld auch was mit Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und die Anderer zu tun. Zu akzeptieren, dass dein Partner, deine Kinder, deine Mitmenschen ihre eigene Geschwindigkeit haben, steigert deine Gelassenheit und macht zufrieden. Sei geduldig mit dir und Anderen, wenn nicht alles gleich gelingt. Übung macht erst den Meister.

„Geduld ist die Quelle, aus dem sich mein Vertrauen in die Fähigkeiten eines anderen Menschen speist“

Gehörst du tendenziell eher zu den geduldigen Menschen oder kann alles gar nicht flott genug gehen? Bei mir ist es ein Mischmasch und hängt von meiner Tagesverfassung ab. Wie steht es bei dir mit der Geduld?

Lass uns zusammen LEBEN – LIEBEN – LACHEN
und mit Geduld immer neue bunte Sachen machen

Deine
Elvira

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